Datenbank zur Schulblatt-Kolumne

Ein Bier mit Folgen

Alkoholverbot auf Schulreisen darf auf Maturreisen gelockert werden

Am letzten Abend des zweitägigen Schulausflugs besucht Lehrer X. mit seiner Maturitätsklasse als Belohnung für deren grossen Einsatz eine bekannte Brasserie. Er lädt die Klasse zu einem Bier ein, was bei dieser gut ankommt, ausser beim 17-jährigen Y., der Bier nicht mag, aber dennoch nicht als Einziger darauf verzichten will. Nach der Rückkehr der Klasse beschwert sich die Mutter von Y. bei der Schulleitung, dass ihr minderjähriger Sohn habe Bier trinken müssen. Der Verstoss von Lehrer X. gegen die geltenden Vorschriften müsse personalrechtlich geahndet und sanktioniert werden. Die Schulleitung will wissen, wie sie im konkreten Fall vorgehen soll und insbesondere ob sie Lehrer X. wegen des Vorgangs verwarnen muss.

Nach geltendem Schulrecht gilt grundsätzlich für alle Schulstufen ein Alkoholverbot auf Schulausflügen. Das Alkoholverbot kann ausnahmsweise auf Maturareisen von den begleitenden Lehrpersonen gelockert werden. Das Anbieten von leicht alkoholhaltigen Getränken an Jugendliche über 16 Jahren ist aber hierzulande nicht strafbar und eine Gesundheitsschädigung aufgrund des Genusses von geringen Mengen leichter Alkoholika bei Jugendlichen an der Schwelle zur Volljährigkeit ist bisher nicht nachgewiesen. Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Kontext die Urteilsfähigkeit des 17-jährigen Schülers und dessen Einsichtsfähigkeit in sein Verhalten angenommen werden darf. Folglich hätte er den Konsum des alkoholischen Getränks auch ablehnen können.

Insgesamt ist somit nicht ersichtlich, dass Y. aufgrund des von X. ausgegebenen Biers körperlich oder seelisch beeinträchtigt oder gar gefährdet worden wäre. Eine schwerwiegende, gar strafbare Pflichtverletzung seitens X. liegt nicht vor. Wenn überhaupt, kann X. nur ein leichter Verstoss gegen die pädagogischen Zielsetzungen der Schule (Vorbildfunktion) und die als Grundlage dafür dienenden Vorschriften vorgehalten werden.

Ob aufgrund des Vorgangs personalrechtliche Schritte gegen die Lehrperson eingeleitet werden, ist allein von der Schulleitung zu entscheiden. Diese hat dabei die folgenden Punkte zu beachten: Das Personalgesetz führt als mögliche personalrechtliche Massnahmen bei Verletzung von arbeitsvertraglichen oder gesetzlichen Pflichten den schriftlichen Verweis und die Kündigung auf. Beide Massnahmen müssen von der Schulkommission genehmigt werden und sind mittels Verfügung anzuordnen, wobei die Kündigung als einschneidendste Massnahme nur dann in Betracht kommt, wenn eine mitarbeitende Person die ihr obliegenden Pflichten schwer oder trotz Abmahnung wiederholt verletzt hat. Da dies im vorliegenden Fall gerade nicht der Fall ist, scheidet die Kündigung von vornherein aus. Ebenso wenig in Betracht kommt die im Personalgesetz nicht ausdrücklich erwähnte Verwarnung. Im Sinne einer Abmahnung mit Bewährungsfrist bildet sie bei schwerwiegenden oder wiederholten Pflichtverletzungen regelmässig die Vorstufe zur (fristlosen) Kündigung. Zu denken ist etwa an regelmässiges Zuspätkommen, wiederholtes unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit oder sexuelle Belästigungen gegenüber Mitarbeitenden.

Bleibt somit der schriftliche Verweis als mildeste personalrechtliche Massnahme. Der Verweis kann mit Auflagen verbunden werden und führt in der Regel zu einem Vermerk über die Art des Vorfalls und den Verfahrensausgang im Personaldossier. Er zielt grundsätzlich auch auf die Sanktionierung von Pflichtverletzungen ab, die über leichte Regelverstösse, wie hier einer gegeben ist, hinausgehen, und erscheint im Fall von X. daher unverhältnismässig. Eher empfiehlt sich aufgrund des einmaligen Vorfalls ein Gespräch mit X., allenfalls verbunden mit einer mündlichen Ermahnung. Es gilt, in Fällen wie dem vorliegenden das Augenmass zu wahren und sich Zurückhaltung im Umgang mit dem Arsenal der personalrechtlichen Massnahmen aufzuerlegen.

X. muss in jedem Fall Gelegenheit gegeben werden, sich zum fraglichen Vorgang zu äussern und zu allfälligen personalrechtlichen Massnahmen Stellung zu nehmen. Die Erwartungen und Forderungen der Eltern von Schülerinnen und Schülern dürfen den Entscheid der Schulleitung über zu treffende Massnahmen nicht beeinflussen. Mit Rücksicht auf den Persönlichkeitsschutz von X. ist ihnen auch nicht Auskunft über ein eingeleitetes Verfahren und mögliche personalrechtliche Konsequenzen zu erteilen.

Philipp Schenker, Juristischer Mitarbeiter Abteilung Recht

Klasse/Stufe: Sekundarstufe II
Themen: Aufsicht und HaftungKindesschutzSchulausflügeSchulpersonalrecht
Erscheinungsjahr: 2014

Weitere Informationen: www.edubs.ch

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