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Rechtsschutzversicherung für Lehrpersonen kann sinnvoll sein

Je nach Situation der Lehrperson übernimmt das kantonale Personalgesetz die Verfahrenskosten oder die Bestellung einer Rechtsvertretung

Im Schuljahr 1963/64 kam es im Kanton Graubünden zu einem tragischen Unfall: Der Klassenlehrer einer ersten Primarklasse korrigierte Prüfungsarbeiten, während die Schülerinnen und Schüler einen Text von der Wandtafel abschreiben mussten. Ein Schüler und sein Banknachbar drehten sich um, um mit den hinter ihnen sitzenden Schülern zu schwatzen. Um die Aufmerksamkeit der beiden Schüler wieder auf die Arbeit zu lenken, warf der Klassenlehrer darauf einen Kugelschreiber in deren Richtung, der einen der schwatzenden Schüler am linken Auge traf. Dabei wurde das Auge schwer verletzt und der Schüler musste sich in ärztliche Behandlung geben. Drei Jahre später musste das verletzte Auge schliesslich operativ entfernt und durch ein Glasauge ersetzt werden. In der Folge verklagten die Eltern des betroffenen Schülers die zuständige Gemeinde erfolgreich auf Schadenersatz und Genugtuung.    

Käme es heute zu einem ähnlichen bzw. vergleichbaren Vorfall an einer staatlichen Schule im Kanton Basel-Stadt, würde für allfällige Schadenersatz- und Genugtuungsforderungen der Eltern zunächst der Kanton anstelle der Lehrperson haften. Bei einem Verhalten der Lehrperson wie im eingangs geschilderten Fall müsste allerdings von einer grobfahrlässigen Schadenszufügung ausgegangen werden. Der Kanton würde deshalb höchstwahrscheinlich Rückgriff auf die Lehrperson nehmen. 

Die Eltern könnten in einem entsprechenden Fall zusätzlich Strafanzeige gegen die Lehrperson wegen fahrlässiger Körperverletzung einreichen. Wenn gegen eine Lehrperson im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit ein Strafverfahren angestrengt wird, so sieht das kantonale Personalgesetz unter bestimmten Voraussetzungen zwar die Möglichkeit der Gewährung von Rechtsschutz, das heisst die Übernahme von Verfahrenskosten und/oder die Bestellung einer Rechtsvertretung, durch den Kanton vor. Allerdings entfällt der Rechtsschutz durch den Kanton bei einem gesetzes- oder weisungswidrigen Verhalten der Lehrperson wie im eingangs geschilderten Fall von vornherein.

Schliesslich könnte die Anstellungsbehörde ihrerseits disziplinarrechtlich gegen die fehlbare Lehrperson vorgehen. Die Lehrperson könnte unter Umständen also mit verschiedenen aufwändigen Rechtsverfahren konfrontiert sein, ohne dabei rechtliche Unterstützung durch den Arbeitgeber zu erhalten. Für solche Situationen wie generell auch für arbeitsrechtliche Streitigkeiten kann eine Rechtsschutzversicherung für Lehrpersonen sinnvoll sein. Der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung erachtet denn auch der Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) in einem Merkblatt zur Verantwortlichkeit und Haftpflicht der Lehrpersonen für empfehlenswert.

Der Abschluss einer zusätzlichen Berufshaftpflichtversicherung macht für Lehrpersonen hingegen keinen Sinn. Im Normalfall bietet diese nämlich keinen besseren Schutz als die Haftpflichtversicherung des Kantons, das heisst eine Versicherungsdeckung bei Vorsätzlichkeit und Grobfahrlässigkeit ist auch hier nicht gegeben.

Von Nathalie Stadelmann, Juristische Mitarbeiterin Abteilung Recht im ED Basel-Stadt

Klasse/Stufe: PrimarstufeSekundarstufe ISekundarstufe II
Themen: Melde- und AnzeigepflichtSchulpersonalrechtAufsicht und Haftung
Erscheinungsjahr: 2018

Weitere Informationen: www.edubs.ch

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