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Auch Fehlverhalten in der Freizeit kann disziplinarisch geahndet werden

Entscheidend ist, ob sich dieses Benehmen störend auf den Schulbetrieb auswirkt

Eine 15-jährige Schülerin hatte in ihrer Freizeit in einem Internet-Forum einen Blog-Eintrag veröffentlicht, in dem sie eine Mitschülerin – ohne Namensnennung – als «Punkbitch», «schon bisschen asozial» und «Assi» (wiederholt) bezeichnete, ihr «Mut zur Hässlichkeit» attestierte, weiter behauptete «schliesslich darf ich später dein Arbeitslosengeld finanzieren» und damit schloss «Ja, das Wort Assi gefällt mir, na und? Ich sag’s wenigstens bloss, und bin’s nicht». Aufgrund dieses Verhaltens wurde sie für einen Tag von der Schule ausgeschlossen. 

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, der sich mit diesem Fall befasste, erwog, dass auch in der Freizeit geschriebene Blog-Einträge einen schulischen Bezug aufweisen könnten und damit geeignet seien, schulische Disziplinarmassnahmen auszulösen. Entscheidend sei, ob sie sich störend auf den Schulbetrieb auswirkten. Das sei in der betroffenen Schule und insbesondere in der betroffenen Klasse der Fall gewesen, hätten doch die Blog-Autorin und die Betroffene im gemeinsamen Schulalltag miteinander zu tun gehabt. Der Blog-Eintrag sei auch nur für diejenigen verständlich gewesen, die beide kannten, also primär für die Klassen- bzw. Schulkameradinnen und -kameraden. Die Schülerin habe damit ihre Pflichten gegenüber der Schule verletzt. Die Frage, ob darin ein so schweres Fehlverhalten liege, das die Anordnung eines Unterrichtsausschlusses rechtfertige, hänge von den Umständen des Einzelfalls und insbesondere der Frage ab, ob die Betroffene individualisierbar bezeichnet worden sei und sich mit dem Eintrag so die typischen Gefahren der Verbreitung von Beleidigungen an eine unüberschaubare Zahl von Internet-Nutzern realisiert hätten. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, da der Blog-Eintrag weder den eigenen noch den Benutzernamen der Betroffenen enthalten habe und auch nicht mit einer bildlichen Darstellung der Betroffenen verknüpft worden sei. Allein diejenigen, die die Betroffene bereits kannten oder von ihr ausdrücklich darauf hingewiesen worden seien, hätten die genannten Beleidigungen daher ihr zuordnen können. Damit sei der Eintrag in seiner Bedeutung eher mit einer Beleidigung im Bekanntenkreis vergleichbar. Dass die Betroffene in übler Weise beleidigt wurde, stellte der Gerichtshof zwar fest, liess er aber bei der Beurteilung der Schwere des Fehlverhaltens unberücksichtigt.

Dass ein Fehlverhalten ausserhalb der Schulzeit einen Schulausschluss rechtfertigen kann, zeigt ein anderer Fall, in dem ein zwölfjähriger Schüler eine Mitschülerin in unmittelbarer Nähe des Schulgeländes im Anschluss an den Unterricht massiv sexuell belästigt und beleidigt hatte. Allein der Umstand, dass die Betroffene weiterhin mit dem Schüler dieselbe Schule besuchen musste, wurde von dem mit dem Fall befassten Gericht als konkrete negative Auswirkung auf den Schulbetrieb angesehen. So sei die Betroffene von Mitschülern auf den Vorfall angesprochen worden und dieser sei auch Gesprächsthema in den jeweiligen Klassen gewesen. Die Schwere des Fehlverhaltens stand sodann ausser Frage.

Von Stephan Hördegen, Leiter Abteilung Recht

Quellen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.05.2011 - 9 S 1056/11, openJur 2012, 64211, und VG Stuttgart, Beschluss vom 03.05.2016 - 12 K 2336/16, openJur 2016, 7467

Klasse/Stufe: PrimarstufeSekundarstufe ISekundarstufe II
Themen: Absenzen und SanktionenKindesschutzMedien und Urheberrecht
Erscheinungsjahr: 2024

Weitere Informationen: www.edubs.ch

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