Datenbank zur Schulblatt-Kolumne

Blutige Rauferei zwischen Schülern: Wer haftet?

Einen Teil der Heilungskosten, die Franchise und der Selbstbehalt, bleiben am verletzten Kind bzw. an dessen Eltern hängen. Für diese Kosten haftet allerdings der Schädiger bzw. dessen Eltern

Zwei zehnjährige Primarschüler lieferten sich während des Besuchs einer Tagesstruktur eine Rauferei. Dabei versetzte einer der beiden Streithähne seinem Mitschüler einen derart heftigen Schlag ins Gesicht, dass zwei Zähne ausgeschlagen wurden. Die Eltern des schlagenden Jungen stellten sich auf den Standpunkt, ihr Sohn sei von seinem Mitschüler provoziert worden. Sie zeigten sich deshalb nicht kooperationsbereit und wollten insbesondere keine Angaben zu ihrer Haftpflichtversicherung gegenüber den Eltern des verletzten Schülers machen. Letztere wandten sich daher an die zuständige Schulleitung und ersuchten diese um rechtliche Unterstützung.

Verletzungen infolge einer Schlägerei werden versicherungsrechtlich als Unfall betrachtet. Gemäss kantonalem Schulgesetz sind Schülerinnen und Schüler gegen Invalidität oder Tod infolge eines Unfalls, der sich im Rahmen des Schulbetriebs oder auf dem Schulweg ereignet, durch die Schulunfallversicherung versichert. Von der Schulunfallversicherung nicht gedeckt sind die Kosten für medizinische Leistungen (Heilungskosten), die im Zusammenhang mit einem Unfall ohne Invaliditätsfolge anfallen. Diese muss die obligatorische private Krankenversicherung des verletzten Kindes übernehmen. Einen Teil der Heilungskosten, die Franchise und der Selbstbehalt, bleiben am verletzten Kind bzw. an dessen Eltern hängen. Für diese Kosten haftet allerdings der Schädiger bzw. dessen Eltern. Stellen sich diese quer, indem sie den Namen ihrer Haftpflichtversicherung (sofern vorhanden) nicht preisgeben und auch nicht selber für die Kosten aufkommen wollen, müssen die Eltern des Opfers den Rechtsweg beschreiten. Von Seiten der Schule besteht keine Möglichkeit, die Eltern des Schädigers zur Mitwirkung bei der Schadensregelung zu zwingen.

Für die Geschädigten ist der Weg über eine Strafanzeige wegen einfacher Körperverletzung die einfachste Möglichkeit, die Kosten für Franchise und Selbstbehalt einzufordern, denn im Rahmen eines Strafverfahrens können bestimmte zivilrechtliche Ansprüche mit geringerem rechtlichen Aufwand geltend gemacht werden. Kinder können ab dem vollendeten zehnten Altersjahr für eine Tat (jugend-)strafrechtlich belangt werden.

Die Schule hat ihrerseits in jedem Fall die Möglichkeit, gegenüber dem fehlbaren Schüler disziplinarrechtlich vorzugehen. Da sich grobe Raufbolde schadlos halten, indem letztlich die Versicherungen für die Schäden aufkommen, ist ein deutliches Signal, dass solches Verhalten nicht toleriert wird, umso wichtiger. Die Anzeigepflicht der Schule entfällt, da es sich bei einer einfachen Körperverletzung unter Schülern nicht um ein Delikt handelt, das von Amtes wegen verfolgt wird.

Da sich der Unfall während der Zeit in den Tagesstrukturen und somit im Rahmen des Schulbetriebs ereignet hat, stellt sich schliesslich noch die Frage, ob allenfalls die Mitarbeiterin der Tagesstrukturen haftet, die zum Unfallzeitpunkt die Schülerinnen und Schüler beaufsichtigen musste. Das Mass der Obhuts- und Aufsichtspflicht der Lehr- und Fachpersonen während des Schulbetriebs orientiert sich an dem, was in der gegebenen Situation von Schülern angesichts deren Alters und deren Reife vernünftigerweise verlangt werden kann. Die Aufsicht hat in dem Sinne lückenlos zu sein, dass die Schüler sich jederzeit beaufsichtigt fühlen. Eine dauernde Überwachung ist weder möglich noch nötig. Raufereien zwischen Schülern kommen immer wieder vor. Im Normalfall muss nicht damit gerechnet werden, dass ein zehnjähriger Schüler seinen gleichaltrigen Mitschüler derart gravierend verletzt. Eine Verletzung der Aufsichtspflicht und damit eine Haftung der Schule dürfte im vorliegenden Fall deshalb ausser Betracht fallen.

Deborah Laager, juristische Volontärin Abteilung Recht und Nathalie Stadelmann, juristische Mitarbeiterin Abteilung Recht im ED Basel-Stadt

Klasse/Stufe: PrimarstufeSekundarstufe ISekundarstufe II
Themen: Aufsicht und HaftungElternMelde- und AnzeigepflichtSchulpersonalrecht
Erscheinungsjahr: 2019

Weitere Informationen: www.edubs.ch

Basler Schulblatt

Leimenstrasse 1
4001 Basel
Tel.: +41 61 267 84 03
Mail: E-Mail
Website