Datenbank zur Schulblatt-Kolumne
Der Reiz von Geschenken
«Ein Dankeschön reicht völlig» : So war ein Artikel überschrieben, den die Wiener Zeitung jüngst zum Thema Geschenkannahme durch Lehrpersonen auf ihrer Online-Plattform publiziert hat. Was unsere österreichischen Nachbarn beschäftigt, ist zuweilen auch für die hiesigen Lehrpersonen ein Thema. Dürfen öffentlich Bedienstete bei Verrichtung ihrer Tätigkeit überhaupt und wenn ja welche Geschenke von Privatpersonen – im Schulbereich von Schülerinnen, Schülern und Eltern – annehmen ? Diese Frage stellte sich kürzlich an einer Basler Schule in folgendem Zusammenhang: Eine Lehrperson erhielt von einer Schülerin zum Geburtstag einen Einkaufsgutschein in Höhe von CHF 50 überreicht. Sie stand vor dem Dilemma, ob sie das Geschenk annehmen oder dankend ablehnen soll.
Im Personalgesetz findet sich in § 18 eine sehr allgemeine Regelung dazu. Danach ist es Mitarbeitenden des Kantons grundsätzlich verboten, Geschenke oder andere Vorteile, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen, für sich oder für andere zu fordern, anzunehmen oder sich versprechen zu lassen ( Abs. 1 ). Die Regelung bezweckt die Wahrung der Unabhängigkeit, Objektivität und Handlungsfreiheit von Mitarbeitenden in der öffentlichen Verwaltung, was gerade im Verhältnis zwischen Lehrpersonen, Schülerinnen, Schülern und deren Eltern von zentraler Bedeutung ist. Ausgenommen vom strikten Verbot der Geschenk- oder Vorteilsannahme sind allerdings Geschenke von geringem Wert sowie wissenschaftliche und kulturelle Auszeichnungen ( Abs. 2 ). Welcher Geldwert in diesen Fällen als gering anzusehen ist, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.
Nach der departementalen Praxis ist dieser Grenzwert bei CHF 50 festzusetzen, und es muss sich bei den überreichten Geschenken um Erzeugnisse des täglichen Bedarfs oder dergleichen handeln, etwa um Pralinen, eine Flasche Wein, einen Blumenstrauss oder ein Buch. Bargeld und Einkaufsgutscheine sollten dagegen aus Prinzip nicht angenommen werden. Geschenke dieser Art können im Verhältnis zwischen Schülern und Lehrpersonen nicht als sozial üblich betrachtet werden und mit der Erwartung von Vorteilen daraus verbunden sein. Zu denken ist etwa an eine wohlwollende Leistungsbeurteilung am Ende des Schuljahres. Dasselbe gilt auch für alle übrigen Geschenke im Wert von über CHF 50, wobei bei Geschenken einer ganzen Klasse ein höherer Grenzwert angesetzt werden darf. Dieser sollte den Betrag von CHF 150 aber nicht übersteigen.
Wer nach diesen Grundsätzen handelt, kann unbesorgt sein. Wer sie missachtet, hat bei entsprechendem Bekanntwerden dagegen mit personalrechtlichen Sanktionen zu rechnen. Diese reichen je nach Schwere vom schriftlichen Verweis bis hin zur Kündigung. Zudem kann die Annahme von Geschenken oder anderen Vorteilen, die nicht mehr als geringfügig oder sozial üblich bezeichnet werden können, eine strafrechtliche Relevanz aufweisen und nach den Straftatbeständen der Bestechlichkeit oder Vorteilsannahme strafbar sein.
Der eingangs erwähnte Einkaufsgutschein im Wert von CHF 50 sollte also von der Lehrperson aufgrund dieser Überlegungen nicht angenommen werden. Selbst wenn das Geschenk gut gemeint sein mag, kann die Annahme bei anderen Schülerinnen und Schülern den Eindruck erwecken, dass sich die Schenkerin davon eine bevorzugte Behandlung verspricht. Damit können auch Ängste einer möglichen Ungleichbehandlung einhergehen. Für Lehrpersonen empfiehlt es sich im Übrigen, im Zweifelsfall mit der Schulleitung abzusprechen, ob ein Geschenk angenommen werden darf oder nicht. Schliesslich ist zu bedenken, dass ein Gruss oder eine nette Karte zum Dank oder zur Gratulation völlig ausreicht und ein von Schülerinnen und Schülern selbst gebasteltes Andenken mehr Freude bereiten kann als blosses Geld. Damit liegt Basel auf der gleichen Linie mit den österreichischen Nachbarn.
Philipp Schenker, Juristischer Mitarbeiter Abteilung Recht