Datenbank zur Schulblatt-Kolumne

Die Grenzen der Auswertung von Videoaufzeichnungen

Darf Videomaterial zur Enttarnung eines Täters veröffentlicht werden?

Im Fahrradkeller wird das mit einem einfachen Steckschloss gesicherte Rennrad einer Schülerin entwendet. Der Vorgang wird von der Videoüberwachungsanlage aufgezeichnet und von der Schulleitung zwei Tage später am Bildschirm bemerkt. Die Schulleitung bringt den Vorfall bei der Polizei zur Anzeige und gewährt dieser Zugang zu den Videoaufzeichnungen. Darüber hinaus möchte sie ein einzelnes Bild, auf dem der Übeltäter gut zu erkennen ist, im Eingangsbereich der Schule aushängen. Sie erhofft sich davon zweierlei: erstens, dass der Übeltäter bald gestellt werden kann, und zweitens, dass dieser kein weiteres Mal zuschlagen kann.

Die Grenzen der Veröffentlichung von Einzelbildern aus Videoaufzeichnungen in öffentlichen Gebäuden ergeben sich in erster Linie aus den Regelungen im Informations- und Datenschutzgesetz (IDG) zur Videoüberwachung. Danach sind der Einsatz von Überwachungsanlagen und die Verwendung von deren Aufzeichnungen zulässig zum Schutz von Personen und Sachen vor strafbaren Handlungen sowie zur Verfolgung von strafbaren Handlungen gegen Personen und Sachen. Wenn wegen eines Schadens eine Anzeige erstattet worden ist, dürfen die Aufzeichnungen den Strafverfolgungs- und Gerichtsbehörden übergeben werden. Die Schulleitung darf im vorliegenden Fall das Bildmaterial aber nicht anderweitig zur Ermittlung der tatverdächtigen Person verwenden, indem sie beispielsweise das Bild im Schulhaus aushängt.

Für die Beurteilung, ob und inwieweit die Schulleitung Einzelbilder zum Zweck der Gewährleistung der Sicherheit an der Schule weiterverwenden darf, ist das für die Überwachungsanlage erlassene Überwachungsreglement heranzuziehen. Darin ist verbindlich festgehalten, welche Mitarbeitenden der Schule die Aufzeichnungen auswerten und Einsicht in diese erhalten dürfen. Im konkreten Fall sind dies die für den Betrieb der Überwachungsanlage zuständigen Personen unter der Leitung der Schulleitung sowie die Strafverfolgungs- und Gerichtsbehörden. Somit ist nicht vorgesehen, dass die Schulleitung anderen als den erwähnten Personen Einsicht in das Bildmaterial gewähren kann. Sie darf also auch nicht Einzelbilder aus der Videoaufzeichnung zur Gewährleistung der Sicherheit an der Schule veröffentlichen.

Das wäre im Übrigen auch nicht verhältnismässig. Es genügt, die Schülerinnen und Schüler sowie Lehrpersonen zu mehr Vorsicht zu sensibilisieren, indem sie über den Vorfall informiert und ermahnt werden, ihre Fahrräder und weiteren Wertgegenstände besser zu schützen. Weitere Massnahmen kann bei Bedarf die Schulleitung zusammen mit dem Hauswart treffen und kommunizieren. Dies sollte immer in einer Art und Weise geschehen, die bei Schülerinnen und Schülern sowie Lehrpersonen keine unnötige Verunsicherung auslöst. Das könnte durch die Veröffentlichung von Einzelbildern im Übrigen nicht gewährleistet werden. Sie verunsichert, weil die Betrachter die abgebildete Person später – wiederum mit böswilligen Absichten – wiederzuerkennen glauben.

Klasse/Stufe: PrimarstufeSekundarstufe ISekundarstufe II
Themen: Medien und UrheberrechtMelde- und AnzeigepflichtAufsicht und Haftung
Erscheinungsjahr: 2017

Weitere Informationen: www.edubs.ch

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