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Dürfen im Sportunterricht Videoaufnahmen gemacht werden?

Aus rechtlicher Sicht machen sich die Lehrpersonen das Leben durch den Einsatz von Videoaufzeichnungen sicher nicht einfacher

Im Rahmen des Sportunterrichts an einer Primarschule möchte eine Lehrperson mit ihrem privaten Mobiltelefon die Übungen der Schülerinnen und Schüler filmen. Ebenfalls plant sie damit, die Leistungserhebungen aufzeichnen. Die Eltern einiger Kinder wehren sich gegen dieses Vorhaben und stellen sich auf den Standpunkt, dies sei ohne entsprechende Einwilligung nicht zulässig.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das daraus fliessende «Recht am eigenen Bild» verlangen bei Videoaufzeichnungen die Einwilligung der betroffenen Person, bei Minderjährigen jene der Erziehungsberechtigten. Die Einwilligung muss freiwillig erfolgen, das heisst, auch verweigert werden können, ohne dass ein Nachteil befürchtet werden muss. Ist dies nicht möglich, müssen Aufzeichnungen auf eine gesetzliche Grundlage gestützt werden können. Eine gesetzliche Grundlage dafür setzt auch das Informations- und Datenschutzgesetz voraus, da mit Videoaufzeichnungen ein Bearbeiten von Personendaten verbunden ist. Weiter muss sich das Datenbearbeiten als verhältnismässig, insbesondere erforderlich erweisen. 

Bei Videoaufzeichnungen im Unterricht kann von der Freiwilligkeit der Einwilligung ausgegangen werden, sofern Schüler, deren Erziehungsberechtigte die Einwilligung verweigern, eine vergleichbare Hilfestellung erhalten, um sich zu verbessern. Eine solche Hilfestellung kann etwa das nochmalige Demonstrieren des korrekten Bewegungsablaufs und dessen Vergleich mit dem beobachteten Bewegungsablauf sein. Die nötige gesetzliche Grundlage für die Aufzeichnungen lässt sich aus dem im Schulgesetz und dem in der Ordnung für die Lehrpersonen umschriebenen Bildungsauftrag der Lehrpersonen ableiten.

Ob die Aufzeichnungen zwingend erforderlich sind, ist fraglich. Wie sich zeigt, bilden sie jedenfalls eines von mehreren geeigneten pädagogischen Hilfsmitteln für den Sportunterricht. Zum Schutz vor einem Missbrauch der aufgezeichneten sensiblen Daten bedarf es jedoch über die gesetzliche Grundlage hinaus zweierlei: Erstens zumindest auf Stufe Schule einheitlicher und klar definierter Spielregeln zur Erstellung und Verwendung sowie zum Speichern und Aufbewahren der Aufzeichnungen. Dabei ist sicherzustellen, dass die Aufzeichnungen vollständig gelöscht werden, sobald sie nicht mehr benötigt werden. Zweitens eines schuleigenen, dort verwahrten und gewarteten Geräts für die Aufzeichnungen, um zu verhindern, dass diese von Lehrpersonen auf ihren privaten Geräten erstellt und allenfalls gespeichert werden müssen.

Bei den Leistungserhebungen kann eine freiwillige Einwilligung in die Aufzeichnung von vornherein nicht angenommen werden. Fehlt bei einem Schüler die Einwilligung, sind die Vergleichbarkeit der erbrachten Leistungen mit den aufgezeichneten Leistungen anderer Schüler und damit eine rechtsgleiche, nachvollziehbare Leistungsbeurteilung nicht gewährleistet. Es droht also ein entsprechender Nachteil. Das Argument der Vergleichbarkeit und Gerechtigkeit bei der Leistungsbeurteilung und drohende Streitigkeiten mit Erziehungsberechtigten über nicht (mehr) vorhandene Videoaufzeichnungen sprechen indes für deren Erforderlichkeit.

Unter den obengenannten Voraussetzungen besteht also auch für die Aufzeichnung der Leistungserhebungen im Fach Sport ein gewisser Spielraum. Die Aufzeichnungen müssen dann aber auch zwecks Prüfungseinsicht und für allfällige Rekurse sicher auf Datenträgern der Schule – und wiederum nicht der Lehrpersonen – bis zum Ende der massgeblichen Beurteilungsperiode bzw. bis zum Zeitpunkt der Eröffnung der Zeugnisse aufbewahrt und zugänglich gemacht werden. Aus rechtlicher Sicht machen sich die Lehrpersonen das Leben durch den Einsatz von Videoaufzeichnungen sicher nicht einfacher, ganz zu schweigen von den allfälligen technischen Problemen wie das versehentliche Löschen einer Aufnahme und dem damit verbundenen Ärger (bis zur nötigen Wiederholung der Leistungstests).

Philipp Schenker, Juristischer Mitarbeiter Abteilung Recht im ED Basel-Stadt

Klasse/Stufe: PrimarstufeSekundarstufe IISekundarstufe I
Themen: Medien und UrheberrechtPrüfungen und AbschlüsseEltern
Erscheinungsjahr: 2021

Weitere Informationen: www.edubs.ch

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