Datenbank zur Schulblatt-Kolumne
Bewertungsmassstäbe gelten auch bei knappem Prüfungsresultat
Das knappe Nichterreichen der erforderlichen Punktezahl für das Bestehen einer Abschlussprüfung oder einen Übertrittsentscheid führt immer wieder zu Rekursen. Da sich die Notenbewertung an sich schwer anfechten lässt, wird in solchen Fällen oft eingewendet, das knappe Resultat stelle ein unverhältnismässig strenges Urteil dar und es müssten im Sinne einer Gesamtwürdigung auch andere Aspekte in die Bewertung einfliessen, insbesondere Vornoten mehr gewichtet oder besondere persönliche Umstände wie etwa eine vorübergehende Krankheit berücksichtigt werden.
Es liegt in der Natur von Prüfungen, dass eine starre Grenze zwischen genügenden und ungenügenden Leistungen zu ziehen ist. Mit jedem Schwellenwert und jeder Prüfung ist unvermeidbar eine gewisse (vor allem subjektiv empfundene) «Härte» verbunden, da auch Kandidatinnen und Kandidaten nicht bestehen, welche die erforderliche Notenzahl nur knapp nicht erreichen. Würde allein aufgrund eines knappen Resultats bei gewissen Kandidatinnen und Kandidaten eine Notenanhebung erfolgen, müsste dies aus Gleichbehandlungsgründen bei allen, welche die Prüfung nur knapp nicht bestanden haben, gleich gehandhabt werden. Dies würde jedoch lediglich eine Verschiebung des Bewertungs- bzw. Prüfungsmassstabs bewirken und zu neuen «Härten» führen. Es besteht denn auch kein Rechtsanspruch darauf, dass in knappen Fällen nachträglich die Noten aufgerundet werden.
Das Zustandekommen der relevanten Zeugnis- und Prüfungsnoten ist in der Schullaufbahnverordnung bzw. in den einschlägigen Prüfungsverordnungen klar definiert. Für die Rundung der Noten zur Ermittlung des relevanten Notendurchschnitts gibt es sodann allgemein anerkannte Regeln, die für alle Kandidatinnen und Kandidaten gleichermassen gelten. Die Prüfungsbehörde hat keinen (zusätzlichen) Ermessensspielraum, um bei knappen Prüfungsresultaten von einem nach den allgemeinen Bewertungsmassstäben und Rundungsregeln ermittelten Prüfungsergebnis abzuweichen. Insbesondere ist auch keine Gesamtwürdigung bei knappen Prüfungsresultaten vorgesehen. Somit können Vornoten nicht zu Gunsten einer Kandidatin oder eines Kandidaten bei der Notengebung höher gewichtet werden. Auch persönliche Umstände wie eine zeitweise Erkrankung oder der Tod naher Angehöriger führen nicht zu einer Anhebung der Noten. Ein knappes Prüfungsresultat ist auch nicht per se unverhältnismässig.
Persönliche Umstände können durchaus Auswirkungen auf ein Prüfungsergebnis haben, wenn sie zu einer vorübergehenden Prüfungsunfähigkeit führen. Eine solche kann bei rechtzeitiger Geltendmachung berücksichtigt werden und zur Wiederholung der Prüfung, nicht aber zu einer nachträglichen Veränderung des Prüfungsresultats führen. Ausserdem gibt es die Möglichkeit, dass persönliche Umstände ein Grund für einen ausserordentlichen Übertritt in einen höheren Leistungszug der Sekundarschule, einen ausserordentlichen Verbleib im höheren Leistungszug oder einen Wechsel in einen höheren Leistungszug in der Sekundarschule, sowie in den weiterführenden Schulen für eine ausserordentliche Wiederholung eines Schuljahres oder eine ausserordentliche Beförderung geltend gemacht werden. Hierbei handelt es sich indes um in der Schullaufbahnverordnung ausdrücklich vorgesehene Ausnahmefälle, die nicht an den Notendurchschnitt gekoppelt sind.
Von Stephan Hördegen, Leiter Abteilung Recht