Datenbank zur Schulblatt-Kolumne

Entschiedenes Vorgehen bei tätlichen Angriffen auf Lehrpersonen

Physische Attacken werden als schwerwiegende Störungen des Schulbetriebs eingeordnet

Ein neunjähriger Schüler einer Kleinklasse schlägt eine Lehrperson zehnmal auf den Oberarm. Diese trägt blaue Flecken davon. In der Folge wird er für die Dauer von zweieinhalb Wochen vorläufig vom Unterricht ausgeschlossen und anschliessend einzeln unterrichtet, bis eine definitive Anschlusslösung gefunden ist. Dem ausschlaggebenden Vorfall vorausgegangen sind diverse Regelverstösse und tätliche Auseinandersetzungen mit Schülern und Lehrpersonen.

Ein vorsorglicher Schulausschluss mit anschliessender Versetzung wie im beschriebenen Fall stellt eine schwerwiegende Disziplinarmassnahme dar. Als solche muss er auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt sowie verhältnismässig sein.

Tätliche Angriffe wie der beschriebene auf Lehrpersonen sind ungeachtet von Alter und Einsichtsfähigkeit als schwerwiegende Störungen des geordneten Schulbetriebs einzuordnen. An dessen Wiederherstellung besteht aufgrund des zu gewährleistenden Grundschulanspruchs der Mitschülerinnen und Mitschüler und der Schutzpflicht der Schule gegenüber den Schülern und Lehrpersonen ein überwiegendes öffentliches Interesse. Schülerinnen und Schüler sind verpflichtet, sich in die Schulgemeinschaft zu integrieren, die anderen Mitglieder zu respektieren sowie die Regeln der Schule und die Weisungen der Schulleitung,  der Lehr- und Fachpersonen sowie der weiteren Mitarbeitenden zu beachten. Sie haben alles zu unterlassen, was einen geordneten Schulbetrieb, insbesondere Mitschülerinnen und -schüler oder Lehrpersonen gefährden könnte. Dies ergibt sich hinreichend klar aus § 61 des Schulgesetzes, der die gesetzliche Grundlage für einen vorsorglichen Schulausschluss bildet.

Die Zuständigkeit für einen vorsorglichen Schulausschluss liegt bei der Schulleitung. Sie ist unter Meldung an die Volksschulleitung und die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde entsprechend berechtigt, in dringenden, gravierenden Fällen einen Schüler auch länger als fünf Tage sofort vorsorglich vom Unterricht auszuschliessen. Diese Massnahme kann in einen definitiven Schulausschluss durch die Volksschulleitung münden. Denkbar ist, soweit eine Rückkehr an die bisherige oder eine andere (Regel-)Schule nicht in Betracht kommt, auch eine Versetzung durch die Volksschulleitung in ein anderes Setting, wie etwa den eingangs erwähnten vorübergehenden Einzelunterricht mit anschliessendem Übertritt in ein Spezialangebot nach Vorliegen der erforderlichen Abklärungsberichte.

Verhältnismässig ist ein solcher Ausschluss mit anschliessender Versetzung, wenn er für die Wiederherstellung eines geordneten Schulbetriebs geeignet, erforderlich und dem betroffenen Schüler oder der betroffenen Schülerin zumutbar ist. Dies setzt zunächst voraus, dass das zu sanktionierende Verhalten noch andauert, was bei weiteren drohenden Angriffen bejaht werden kann. Weiter ist er aufgrund der daraus folgenden Abwesenheit des fehlbaren Schülers oder der fehlbaren Schülerin geeignet, den Schulbetrieb zu beruhigen. Erforderlich ist er sodann, wenn mildere Massnahmen nicht die erhoffte Verhaltensänderung bewirkt haben oder aber sich von vornherein als unzweckmässig erweisen. Von Letzterem kann im Falle eines nicht tolerierbaren Angriffs auf eine Lehrperson ausgegangen werden. 

Die Zumutbarkeit hängt schliesslich wesentlich von Art und Umfang der während der Zeit des Ausschlusses bis zur definitiven Anschlusslösung sicherzustellenden Betreuung und Weiterschulung ab. Ein Anspruch auf eine umgehende Übergangslösung wie ein Einzelunterricht besteht dabei nicht.

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich stützte in dem eingangs geschilderten Fall den vorsorglichen Ausschluss mit anschliessendem vorläufigem Einzelunterricht bis zum Vorliegen der definitiven Anschlusslösung.

Von Philipp Schenker, Juristischer Mitarbeiter Abteilung Recht

Dieser Beitrag lehnt sich an das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich VB.2010.00049 vom 7. April 2010 an; bestätigt durch Urteil des Bundesgerichts 2C_446/2010 vom 16. September 2010.

Klasse/Stufe: Primarstufe
Themen: Melde- und AnzeigepflichtSchulpersonalrecht
Erscheinungsjahr: 2023

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