Datenbank zur Schulblatt-Kolumne
Schutz vor ungerechtfertigten Angriffen
Primarlehrer X. staunte nicht schlecht, als er von den Eltern eines seiner Schüler wegen Tätlichkeit angezeigt wurde. Die Eltern von Schüler Y. warfen dem Lehrer vor, ihrem Sohn im Zusammenhang mit einer Schlägerei unter Schülern eine Ohrfeige verpasst zu haben. Lehrer X. informierte umgehend den Schulleiter über die gegen ihn eingegangene Strafanzeige und schilderte ihm aus seiner Sicht, was konkret vorgefallen war. Er habe die drei in die Schlägerei verwickelten Streithähne getrennt, nachdem diese seiner mündlichen Aufforderung, mit der Schlägerei aufzuhören, nicht nachgekommen seien. Dabei habe er die Buben am Arm angefasst, ihnen jedoch ganz bestimmt keine Ohr feige verpasst, noch habe er eine andere Tätlichkeit begangen. Lehrer X. stellte gegenüber der Schulleitung die Vermutung an, es könnte sich bei der Strafanzeige um einen möglichen Racheakt der Eltern von Y. gegen ihn handeln, da der Schüler vor wenigen Wochen definitiv dem A-Niveau der Sekundarschule zugewiesen worden sei. Die Eltern hätten zwar auf einen Rekurs gegen den Zuteilungsentscheid verzichtet, ihm in einem längeren Telefonat jedoch unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie mit dem Entscheid überhaupt nicht einverstanden seien. Primarlehrer X. hat den Schulleiter darauf gebeten, ihm im Strafverfahren rechtliche Unterstützung zukommen zu lassen.
Als Pendant zur allgemeinen Treuepflicht der Kantonsangestellten trifft den Arbeitgeber gegenüber den Lehrpersonen eine Fürsorgepflicht. Dabei hat er zum Schutze von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Lehrpersonen die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen. So muss die Schulleitung beispielsweise eingreifen, wenn Lehrpersonen ungerechtfertigten Angriffen seitens der Eltern ausgesetzt sind. Dies kann mittels Stellungnahme oder Durchführung einer Administrativuntersuchung zur Klärung der Vorwürfe erfolgen. Wird wie im hier geschilderten Fall gegen eine Lehrperson im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit ein Strafverfahren angestrengt, so sieht das kantonale Personalgesetz unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Gewährung von Rechtschutz, das heisst die Übernahme von Verfahrenskosten und/oder die Bestellung einer Rechtsvertretung, durch den Kanton vor. Der Rechtsschutz entfällt allerdings, wenn die betroffene Lehrperson sich gesetzes- oder weisungswidrig verhalten hat. Dies festzustellen, wird oft die Krux sein, wenn Aussage gegen Aussage steht. Beim körperlichen Zugriff auf Schülerinnen und Schüler stellen sich zudem heikle Fragen zur Abgrenzung von noch erlaubtem zu strafbarem Verhalten ( Tätlichkeit ).
Im elektronischen Handbuch Bildung, zu dem alle Schulleitungen Zugang haben, findet sich unter dem Schlagwort «Strafanzeige» ein Merkblatt des Generalsekretariats zum konkreten Vorgehen bei Strafanzeigen oder Anklageerhebungen gegen Mitarbeitende des Erziehungsdepartements.
Nathalie Stadelmann, Juristische Mitarbeiterin Abteilung Recht