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Sind Hausaufgaben-, Heft- und Mitmachnoten zulässig?

Schriftliche und mündliche Leistungserhebungen sollten unterschiedlich gewichtet werden

Ein Schüler erhielt am Ende der dritten Sekundarklasse im Fach Deutsch die Zeugnisnote 4.5. Sie errechnet sich aus der Note 4.0 in einer schriftlichen Grammatikprüfung, der Note 4.75 für einen zuhause geschriebenen Aufsatz, der Heftnote von 5.0 und der Mitmachnote von 4.5, woraus sich ein Notendurchschnitt von 4.5625 ergibt. Mit der Note 5 hätte der Schüler in das Gymnasium übertreten können. Die Eltern des Schülers sind nicht damit einverstanden. Sie finden es nicht sachgerecht, dass die Leistungsbeurteilung letztlich nur auf einer schriftlichen Prüfung beruht.

Nach der Schullaufbahnverordnung beurteilt eine Lehrperson die Sachkompetenz von Schülerinnen und Schülern in den Fachbereichen oder Fächern auf der Grundlage der während der massgeblichen Beurteilungsperiode erstellten Beurteilungsbelege. Als solche gelten insbesondere Leistungen, die entweder über schriftliche und mündliche Prüfungen oder über schriftliche, gestalterische und praktische Arbeiten oder dann über mündliche Beiträge erhoben und mit Noten beurteilt worden sind. Durch die nicht abschliessende Aufzählung in der Verordnung wird zum Ausdruck gebracht, dass den Lehrpersonen ein möglichst grosser Freiraum bei der Leistungserhebung gelassenwerden soll.

Freilich bedeutet dies nicht, dass Lehrpersonen bei der Art und Weise der Leistungserhebung völlig frei wären. Zum einen sind sie an das Willkürverbot, das Gleichbehandlungs- und das Verhältnismässigkeitsprinzip gebunden. Letzteres beinhaltet, dass die an einer Prüfung verlangten Leistungen gemessen am Prüfungszweck geeignet und erforderlich sind. Zum anderen dürfen nach der Schullaufbahnverordnung die Selbstkompetenzen, insbesondere das Lern- und das Arbeitsverhalten, sowie die Sozialkompetenz nicht in die Beurteilung der Sachkompetenz und damit das Zeugnis einfliessen. Diese sind separat im Lernbericht einzuschätzen.

Bei Hausaufgaben-, Heft- und Mitmachnoten  ist eine klare Abgrenzung der Beurteilung der Sachkompetenz von der Einschätzung der Selbst- und Sozialkompetenz indes schwierig. In der Hausaufgabenerledigung und der Heftführung zeigt sich vor allem das Arbeits- und Lernverhalten, namentlich der Fleiss von Schülern. Zudem ist bei Hausaufgaben- und Heftnoten die Wahrscheinlichkeit gross, dass Schüler zu Hause Unterstützung erhalten. In diesem Fall ist die erbrachte Leistung nicht allein ihnen zuzurechnen und die Leistungsbeurteilung somit auch unter dem Aspekt der Chancengleichheit problematisch.

Weniger problematisch erscheinen Mitmachnoten für die mündliche (oder in den Fächern Musik sowie Bewegung und Sport anderweitig aktive) Beteiligung am Unterricht. Die Lehrperson muss allerdings die Schülerinnen und Schüler sowie deren Erziehungsberechtigten rechtzeitig über diese Form der Leistungsbeurteilung

und die Kriterien informieren, allen Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit geben, sich in gleicher Weise am Unterricht zu beteiligen, und während des Schuljahres regelmässig nach dem Unterricht die Mitarbeit der Schüler dokumentieren. In diesem Fall überwiegt die Überprüfung der Sachkompetenz jene der Selbst- und Sozialkompetenz und nähert sich einer mündlichen bzw. handlungsorientierten Leistungserhebung an.

In dem eingangs geschilderten Fall sind somit die Bedenken der Eltern gegenüber dem Zustandekommen der Zeugnisnote durchaus berechtigt. Sofern die Benotung der Hausaufgaben und der Heftführung die rechtlichen Anforderungen an eine Leistungserhebung überhaupt erfüllt, müssten solche Noten im Vergleich zu schriftlichen und mündlichen Leistungserhebungen zumindest unterschiedlich gewichtet werden.

Von Philipp Schenker, Juristischer Mitarbeiter Abteilung Recht im ED Basel-Stadt

Klasse/Stufe: PrimarstufeSekundarstufe ISekundarstufe II
Themen: Prüfungen und Abschlüsse
Erscheinungsjahr: 2019

Weitere Informationen: www.edubs.ch

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