Datenbank zur Schulblatt-Kolumne
Verantwortung für Übermittlungsfehler bei Online Prüfung
Eine Schülerin absolvierte eine von zu Hause aus durchgeführte Online Prüfung. Dazu musste sie zunächst das Aufgabenblatt von einer Lernplattform der Schule auf ihren Computer herunterladen. Vor Ablauf der Prüfungszeit musste das ausgefüllte Aufgabenblatt wieder auf die Plattform hochgeladen werden. Entsprechend lud die Schülerin das von ihr bearbeitete Dokument hoch und erhielt von der Schule per E-Mail eine Empfangsbestätigung. Alles schien reibungslos funktioniert zu haben. Zwei Wochen später wurde der Schülerin mitgeteilt, dass ihre Prüfung mit der Note 1 bewertet worden sei, da sie ein leeres Aufgabenblatt eingereicht habe. Die Schülerin hielt dem entgegen, sie habe ihre Prüfungslösung korrekt auf die Lernplattform der Schule hochgeladen und einen Anspruch auf Bewertung der Lösung. Sie reichte eine Kopie der auf ihrem Computer gespeicherten Prüfungslösung und einen Screenshot der Metadaten ein, aus dem hervorging, dass sie zuletzt zwei Minuten vor Prüfungsende an der Lösung gearbeitet hatte.
Die Schule beharrte indes auf ihrem Standpunkt, dass sie nur ein leeres Aufgabenblatt erhalten habe. Sie unterliess es, die von der Schülerin eingereichten Belege zu überprüfen und allfällige Fehlerquellen in ihrem Verantwortungsbereich zu untersuchen. Dabei war es aufgrund des Prüfungssettings insgesamt wahrscheinlicher, dass der Schule ein Fehler passiert ist, als dass die Schülerin ein leeres Aufgabenblatt abgegeben hat. So wurde der Schülerin ermöglicht, die Prüfungslösung gleiche oder fast gleich benannt wie das leere Aufgabenblatt abzugeben. Es gab keine Vorgaben, wie die Lösung als solche erkennbar und eindeutig zuordenbar abzuspeichern und dann abzugeben war. Dadurch wurde eine Verwechslungsgefahr geschaffen, die dadurch verstärkt wurde, dass die Schule das leere Aufgabenblatt und die eingereichten Prüfungslösungen im gleichen Ordner abspeicherte. Eine weitere mögliche Fehlerquelle war, dass die Prüfungslösung im Format «.docx» und nicht beispielsweise als ".pdf" einzureichen war. So war der Inhalt nachträglich (leicht) veränderbar. Die Schule muss sich demnach neben einer mangelhaften Sachverhaltsfeststellung auch eine nicht zweckmässige Prüfungsorganisation vorwerfen lassen.
Im gerichtlichen Nachspiel erhielt die Schülerin recht. Die Schule wurde angewiesen, die eingereichte Prüfungslösung zu bewerten, auch wenn nicht auszuschliessen war, dass die Lösung nachträglich noch bearbeitet worden ist. Der Fall illustriert die Beweisschwierigkeiten bei Übermittlungsfehlern bei online durchgeführten Prüfungen. Solche Fehler entstehen auch bei sonstigen Leistungsnachweisen, die elektronisch eingereicht werden müssen, wie beispielsweise Schularbeiten per E-Mail oder Teams. Letztlich haben die Prüfungsverantwortlichen die nötigen technischen und organisatorischen Vorkehrungen zur bestmöglichen Vermeidung solcher Fehler zu treffen, wenn sie elektronische Prüfungsformate wählen oder auch nur eine elektronische Übermittlung von Leistungsnachweisen verlangen.
Von Johanna Veszeli, juristische Volontärin Abteilung Recht, und Stephan Hördegen, Leiter Abteilung Recht
Dieser Beitrag beruht auf dem Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 3. März 2022 (VB.2021.00691).