Datenbank zur Schulblatt-Kolumne

Wann kommt ein Nachteilsausgleich zur Geltung?

Wie umgehen mit einem nachträglich eingereichten Gesuch?

Eine Schülerin wurde provisorisch in eine 1. Klasse des Gymnasiums aufgenommen. Im Laufe des ersten Semesters hat sie in vier von neun promotionsrelevanten Fächern eine ungenügende Note erzielt. Sie wurde aufgrund dieses eindeutig ungenügenden Leistungsbildes in die 1. Klasse der Weiterbildungsschule versetzt. Gegen diesen Remotionsentscheid erhob die Erziehungsberechtigte Rekurs. Sie machte geltend, die ungenügenden Leistungen in den Fächern Biologie und Geografie seien vermutlich auf eine Dyslexie zurückzuführen. Dem Rekurs wurde ein Zeugnis des behandelnden Arztes der betroffenen Schülerin eingereicht, der einen entsprechenden Verdacht äusserte und diese zur weiteren Abklärung an einen Spezialisten überwies.

Die Erziehungsberechtigte beantragte, das Provisorium sei bis zum Zeitpunkt des Vorliegens dieser Abklärung zu verlängern. Nach den kantonalen Vorgaben kann Nachteilsausgleich nur gewährt werden, wenn ein schriftliches Attest des Fachzentrums Förderung und Integration vorliegt. Wie ist nun aber zu verfahren, wenn mangels Vorliegens eines Attestes Prüfungen ohne Nachteilsausgleich abgelegt worden sind, obschon und nachdem die betroffene Schülerin bzw. deren Erziehungsberechtigte den Anspruch auf Nachteilsausgleich mittels Arztzeugnis fundiert dargelegt hatte? Kann dies ein Anwendungsfall für eine ausserordentliche bzw. ausnahmsweise Promotion sein? Der Rektor hat diese Option in seiner Stellungnahme an die Rekursinstanz ins Spiel gebracht.

Das Verwaltungsgericht Zürich hat jüngst in diesem Sinne entschieden: Wenngleich legitime Interessen der Mittelschulen bestünden, ein Attest einer anerkannten Fachstelle zu verlangen, bevor Nachteilsausgleichsmassnahmen getroffen würden, könne es nicht angehen, dass sie erst bei Einreichung eines solchen ein Gesuch um Nachteilsausgleich behandeln würden. Nachteilsausgleich müsse grundsätzlich jederzeit gelten gemacht werden können. Werde bis zum Zeitpunkt, in welchem das Attest der anerkannten Fachstelle vorliege, kein Nachteilsausgleich gewährt, müsse dies im Rahmen einer ausnahmsweisen Promotion berücksichtigt werden. Voraussetzung sei aber, dass eine gute Prognose (in Berücksichtigung des Nachteilsausgleichs) gestellt werden könne.

Ob diese Praxis aufgrund der zwar vergleichbaren, aber nicht identischen kantonalen Gesetzesgrundlagen auf den Kanton Basel-Stadt übertragbar ist, ist fraglich. Einen überlegenswerten Ansatz zum Umgang mit solchen Situationen bietet sie aber allemal. Zum Glück musste diese heikle Frage vom Departementsvorsteher (noch) nicht entschieden werden. Im eingangs geschilderten Fall hatte die Erziehungsberechtigte einen Anspruch auf Nachteilsausgleich mittels Arztzeugnis erst einen Monat nach dem Remotionsentscheid geltend gemacht. Sie hat sodann der Klassenkonferenz nicht rechtzeitig einen entsprechenden Antrag auf ausserordentliche Promotion gestellt. Das eingereichte Arztzeugnis war letztlich unfundiert und die darin geäusserte Vermutung wenig plausibel. Ein Warten auf die Abklärung eines Spezialisten war unter diesen Umständen nicht angezeigt. Der Rekurs erschien aus diesen Gründen aussichtslos und wurde schliesslich auch zurückgezogen.

Stephan Hördegen, Leiter Abteilung Recht

Klasse/Stufe: Sekundarstufe II
Themen: Prüfungen und AbschlüsseEltern
Erscheinungsjahr: 2014

Weitere Informationen: www.edubs.ch

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